Salon Arendt. Ongoing interdisciplinary art project  

Vol1: Adrienne Elisha, Ada van Dijk, Ronald Glasbergen, Marion Anna Simon, Björn Schülke. The New Yorker Dock One, Cologne, Summer 2013

Works from left to right: 

Schülke:  The Observer, Drone #7;  Simon: 2/3 Selbst, Papierkleid Modell Snowden , Wo alle Schuld sind, ist es keiner (Arendt);  Schülke: Orgamat

Marion Anna Simon: http://www.marionannasimon.de

Aus http://mfaboutart.blogspot.de/ 

Über Marion Anna Simon, Adrienne Elisha, Björn Schülke, Ronald Glasbergen, Ada van Dijk 

von Marietta Franke


"Salon Arendt" ist der Titel eines interdisziplinären Ausstellungsprojektes, das inhaltlich, im Hinblick auf die teilnehmenden Künstler, die Präsentation der künstlerischen Arbeiten und die Ausstellungsorte als Work in Progress entfaltet werden soll. Wie Marion Anna Simon in ihrem Konzept zu der Ausstellung schreibt, beinhaltet es die Interaktion von Musik, Skulptur, Malerei ebenso, wie Performance, Film und Vorträge. Vor etwa zwei Jahren besuchten die amerikanische Komponistin und Musikerin Adrienne Elisha (Rhinebeck/Upstate New York), die Malerin Marion Anna Simon (Köln) und der Medienkünstler Björn Schülke (Köln) das auf dem Friedhof des Bard College in Annandale-on-Hudson (New York) gelegene Grab von Hannah Arendt. Ergriffen und mit großem Respekt denken sie seither darüber nach, wie sie ein gemeinsames künstlerisches Projekt entwickeln können, in dem behutsam einige Punkte ihres denkerischen Werkes und ihrer Lebensgeschichte berührt und mit künstlerischen Mitteln auf ihre Aktualität hin befragt werden. Zur Zeit findet die erste Station des "Salon Arendt" mit dem Untertitel "Verstrickung und Überwachung" in Köln statt (Ausstellungshalle The New Yorker, DOCK.ONE, Hafenstr.1/Auenweg, Köln-Deutz, 25.7.-15.8.2013). Neben Adrienne Elisha, Marion Anna Simon und Björn Schülke nehmen an dieser Ausstellung auch die Niederländer Ada van Dijk und Ronald Glasbergen (Rotterdam) teil. Ada van Dijks Beitrag zum "Salon Arendt" ist konzeptuell, als später auszuwertende Befragung der Ausstellungs-besucher angelegt. Die Besucher können sich oben, auf der Galerie der Ausstellungshalle hinsetzen und sich auf den Spuren der Lektüre van Dijks in Hannah Arendts Bücher hineinlesen, begleitet von einer Frage, die auf einer Schrifttafel steht: "And what is a salon? A salon is the historical location to practise handeln and experiment with ideas." Dabei interessiert sich van Dijk vor allem für die Frage, was mit der Idee der Vita activa/des tätigen Lebens bei Hannah Arendt gemeint ist. Das künstlerische Präsentationskonzept der Ausstellung sieht vor, jenseits der Vereinzelung eines Künstlers und seiner Arbeiten, in der Zusammenfügung und Durchdringung von Arbeiten verschiedener Künstler ein geistiges Energiefeld aufbauen, das sich gegen Überwachung und Bevormundung wendet. Björn Schülkes kinetische Skulpturen, die auch als wissenschaftlich-technologisch wirkende Medienobjekte umschrieben werden können, bewegen sich sequenzweise und sind mit kleinen Monitoren ausgestattet sind, die ihr Umfeld aufzeichnen. Sie sind geradezu auf diese Zusammenfügung angewiesen, sonst hätten sie nichts aufzuzeichnen als sich selbst oder den leeren Raum um sie herum. Ihre sichtbare Aufzeichnungsaktivität hinterlässt das ambivalente Gefühl des Beoachtetwerdens, um dann in ihrem spielerischen Daherkommen in die Absurdität der Ausstellungssituation zu führen, die zum Beispiel in die Frage münden könnte, warum die Skulpturen des einen Künstlers die Arbeiten der anderen Künstler aufzeichnen. Dabei wird der Betrachter Zeuge eines sensiblen Wahrnehmungsvorganges, der in der Schwebe lässt, was mit dem aufgezeichneten Material oder was überhaupt geschieht. Schülkes Skulptur "Space Observer", die auf dem Fughafen von San José (USA) steht, nimmt die absurde Beoachtungsthematik an einem Ort auf, der in verschiedenen Hinsichten eine gesteigerte und globale Verletzbarkeit aufweist. Auf den großen Wänden der Ausstellungshalle hängen Malereien (Eitempera und Öl auf Leinwand) von Marion Anna Simon. Von der Decke hängen ihre schwarz-weißen Strickbilder nach Ausschnitten aus diesen Malereien. In einem separaten Kabinett sind, umgeben von weiteren Malereien, ihre Glasobjekte und Porzellanarbeiten auf einem Tisch präsentiert, als handele es sich um eine intime Esstafel. Schließlich hängen Zeichnungen der Künstlerin entlang des oberen Ganges, der zu dem Kabinett führt. Zur Eröffnung der Ausstellung trug Marion Anna Simon ein bodenlanges papiernes Kleid und einen hohen Hut. Beide Kleidungsstücke sind aus kopierten Fragmenten von Abbildungen ihrer Bilder zusammengesetzt. Die Künstlerin wandelte zwischen den ausgestellten Arbeiten umher, wobei Schülkes Beobachtungsobjekte (Observer) ihre Bewegungen aufnahmen und auf ihren Monitoren zeigten. Adrienne Elisha begleitete dieses Umherwandeln, indem sie auf ihrer Viola spielte. Besonders dann, wenn Simon vor einer künstlerischen Arbeit stehen blieb, um sie zu betrachten, entstand der Eindruck, als beschreibe Elisha mit ihrem Violaspiel ihre Wahrnehmung. In einem abgetrennten Bereich der Ausstellungshalle ist außerdem der Film "Wie stricke ich ein Selbst" (2008) über die Produktion ihrer Strickbilder zu sehen. Simon beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Portraits und gesellschaftlichen Rollen. Dabei haben sich ihre Selbstportraits als Hauptthema herauskristallisiert. Simon schreibt: "In meinen Arbeiten geht es um die figurative und ikonografische Darstellung fragmentierter, auf den Kopf gestellter Autokratie. Die Brüchigkeit der Selbstherrlichkeit und die Tyrannei des Selbst werden durch ein performatives Spiel der Rollen dekompensiert. Hybris und Dekadenz treffen aufeinander, bei gleichzeitiger Demontierung." Die amerikanische Komponistin und Musikerin Adrienne Elisha, die bei Leonard Bernstein studiert hat, bereicherte das Ausstellungsprojekt durch ihr energievolles und einfühlsames Violaspiel. Neben der Performance mit Marion Anna Simon zur Eröffnung der Ausstellung gab sie am nachfolgenden Sonntag (28.7.2013) ein Konzert, bei dem sie unter anderem Kompositionen über das Wehen des Windes am Ozean und das Hörbarwerden einer aus dem Schweigen kommenden inneren Stimme zu Gehör brachte.